Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!
Als Dekan Josef Dobeneck und ich zusammensaßen, um seine Verabschiedung vorzubereiten, fragte er mich, welche Lesung wir nehmen könnten. Ich schlug den Anfang der Pastoralkonstitution des II. Vatikanums vor. „Diese Theologie hat Dich und Dein Wirken doch wesentlich geprägt!“ Die Idee griff er sofort auf.
Auch für mich ist dieser Text des II. Vatikanums zentral:
Kirche soll solidarisch mit allen Menschen sein:
„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Darum erfährt sie sich mit dem Menschengeschlecht und seiner Geschichte wirklich innigst verbunden.“
Kirche darf auf den Heiligen Geist und seine Führung vertrauen:
„Ihre eigene Gemeinschaft setzt sich nämlich aus Menschen zusammen, die, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf ihrer Pilgerschalt zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft empfangen haben, die allen vorzulegen ist.“
Wir leben in einer herausfordernden, komplexen, ambivalenten Welt. Der wissenschaftliche Fortschritt ist zwar faszinierend, aber unser wirtschaftliches Leben untergräbt unsere ökologischen Systeme:
„Obwohl das Menschengeschlecht aber in unseren Tagen von Bewunderung für die eigenen Erfindungen und die eigene Macht ergriffen ist, beschäftigt es sich dennoch oft mit ängstlichen Fragen nach der heutigen Entwicklung der Welt, nach Stellung und Aufgabe des Menschen im Universum, nach dem Sinn seines individuellen und kollektiven Mühens, schließlich nach dem letzten Ziel der Dinge und Menschen.“
Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder Mensch einen göttlichen Samen in sich hat, der tiefer und grundlegender ist als jede Dunkelheit und Sünde.
„Weil also das Heilige Konzil die überaus hohe Berufung des Menschen bekennt und erklärt, daß gewissermaßen ein göttlicher Same in ihn eingesenkt ist, bietet es dem Menschengeschlecht die aufrichtige Mitarbeit der Kirche an, um jene brüderliche Gemeinschaft aller zu errichten, die dieser Berufung entspricht.“
Die Zeichen der Zeit sind die großen Herausforderungen, die Menschenwürde, menschliches Leben in Frage stellen, ja bedrohen: Das Gefälle zwischen reichen und armen Ländern, Kriegsgebiete, Flüchtlinge, die Zerstörung der Natur und der Klimawandel, die Benachteiligung der Frauen, die fehlende Achtung von Kinderrechten. Kirche ist Kirche, wenn sie diese Zeichen der Zeit liest, im Licht des Evangeliums beurteilt, für die Schwächeren eintritt.
„Zur Erfüllung dieser Aufgabe obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, die Zeichen der Zeit zu erforschen und im Lieht des Evangeliums zu deuten, so daß sie in einer der jeweiligen Generation angemessenen Weise auf die bleibenden Fragen der Menschen nach dem Sinn des gegenwärtigen und des zukünftigen Lebens und nach dem Verhältnis beider zueinander Antwort geben kann. Es gilt also, die Welt, in der wir leben, ihre Erwartungen, Bestrebungen und ihren oft dramatischen Charakter zu erkennen und zu verstehen.“
Ihr Dekan Michael Pflaum